„Selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.“
(Lukas 1,45)
Mit diesen Worten reagierte Elisabet auf den Gruß Marias, die zu ihr gekommen war, um ihr zu helfen. Beide Frauen erwarteten ein Kind. Beide haben aus ihrem tiefen Glauben heraus das Wort Gottes angenommen und seine schöpferische Kraft erfahren.
Maria ist der erste Mensch, der im Evangelium nach Lukas „selig“ genannt wird. Sie erfuhr eine tiefe Nähe zu Gott. Die Seligpreisung steht am Beginn des Magnifikats, eines Textes, in dem es um die Beziehung zwischen dem verkündeten Wort Gottes und seiner glaubenden Annahme, sowie um das Wirken Gottes und die freie Antwort des Menschen geht.
„Selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.“
Maria glaubte dem, was Gott „unseren Vätern verheißen hat, Abraham und seinen Nachkommen auf ewig“.[1] Sie war so frei, demütig und offen für sein Wort, dass Gott in ihr Fleisch annehmen und in die Menschheitsgeschichte eintreten konnte.
Die Erfahrung Marias kann sich an uns so nicht wiederholen, aber wie sie können wir auf die Liebe Gottes vertrauen. Wenn wir unser Herz für diese Liebe öffnen, kann das Wort auch in uns Gestalt annehmen und unser Leben fruchtbar machen.
Und wenn unser Glaube schwach ist, wie es bei Elisabets Mann Zacharias der Fall war?[2] Vertrauen wir uns der Barmherzigkeit Gottes an. Er will uns immer nahe sein, und wir werden seine Treue erfahren und ihn preisen.
„Selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.“
Es ist noch gar nicht so lange her, dass eine andere Mutter im Heiligen Land ihren Kindern die Kunst der Vergebung und des Dialogs im Sinne des Evangeliums nahebrachte. Die Hoffnung auf Frieden entsteht oft durch kleine Zeichen unter Menschen, die nach Frieden und Stabilität suchen, auch zwischen Angehörigen unterschiedlicher Religionen. Margaret erzählt davon: „Als ich einmal weinend nach Hause kam, weil die anderen Kinder uns beleidigt hatten, sagte meine Mutter: ‚Lade diese Kinder zu uns nach Hause ein.‘ Als sie ankamen, backte meine Mutter gerade Brot und gab jedem Kind eines dieser Brote, damit sie es zu ihren Familien brächten. Damit begannen Freundschaften unter unseren Familien zu entstehen.“[3]
Chiara Lubich will uns Mut machen: „Marias Ja zu Gott war ohne Einschränkung. Vor allem darin liegen ihre Heiligkeit und Größe. Wenn Jesus das fleischgewordene Wort ist, dann ist Maria durch ihren Glauben das gelebte Wort – dabei allerdings ein Geschöpf wie wir. ... Glauben wir daher wie sie, dass sich alle Versprechen bewahrheiten, die in den Worten Jesu liegen. Nehmen wir wie Maria das Wagnis auf uns, wenn seine Worte scheinbar Unmögliches verlangen. Wer seinem Wort glaubt, der erlebt kleine und große
‚Wunder’. Man könnte ganze Bücher mit Ereignissen füllen, die dies belegen. Öffnen wir also unser Herz für die Begegnung mit dem Wort Gottes. Tun wir das, was Jesus von uns möchte, im Glauben daran, dass er hält, was er verspricht. Wie Maria werden wir entdecken, dass er nicht zögert, seine Versprechen wahr zu machen.“[4]
Selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.
Gerade jetzt, in der Vorbereitung auf Weihnachten, können wir uns an die Zusage Jesu erinnern, dass er bei denen ist, die die gegenseitige Liebe leben: „Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“[5] Im Vertrauen darauf können wir füreinander da sein, einander zuhören und nahe sein – wie Maria und Elisabet. Dann kann Jesus auch heute in unseren Häusern und auf unseren Straßen auf die Welt kommen.
Letizia Magri
© Alle Rechte an der deutschen Übersetzung beim Verlag NEUE STADT, München
Das „Wort des Lebens“ erscheint auch in der Zeitschrift NEUE STADT. Eine kostenlose Probenummer oder ein Abonnement (jährlich € 40,- bzw. CHF 56.00) können Sie bestellen bei: Redaktion NEUE STADT, Hainbuchenstraße 4, 86316 Friedberg, redaktion@neuestadt.com oder bei Verlag Neue Stadt, Heidengasse 5, 6340 Baar, verlag@neuestadt.ch
[1] Vgl. Lukas, 1,55
[2] Vgl. Lukas, 1,5-25; 67-79
[3] Aus einem Interview mit Margaret Karram, Präsidentin der Fokolar-Bewegung, aufgewachsen in Israel in einer christlichen palästinensischen Familie (vgl. „Mariapoli“, März/April 2021, S.3)
[4] Chiara Lubich, Kommentar zum „Wort des Lebens“, August 1999
[5] Matthäus 18,20