„Für Gott ist nichts unmöglich.“ (Lukas 1,37)
Gleich im ersten Kapitel berichtet das Lukasevangelium, wie der Engel Gabriel zu Maria kam und ihr ankündigte, sie werde einen Sohn bekommen, den sie Jesus nennen solle. Er werde groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. (1)
Es gibt ähnliche Erzählungen im Alten Testament: Bislang unfruchtbare oder sehr alte Frauen wurden auf wunderbare Weise Mutter, und ihre Söhne spielten eine wichtige Rolle in der Heilsgeschichte. Maria gab in Freiheit ihr „Ja“, aber sie wollte auch verstehen und fragte nach. Der Engel sagte zu ihr: „Heiliger Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten.“ (2) Denn:
„Für Gott ist nichts unmöglich.“
Die Formulierung im griechischen Urtext kann auch bedeuten: Mit Gott, in Gottes Nähe oder gemeinsam mit Gott ist nichts unmöglich. Gott will den Menschen nahe sein. Wenn sie in Freiheit mit Gott und untereinander vereint sind, dann wird auch das scheinbar Unmögliche möglich.
„Für Gott ist nichts unmöglich.“
Wie können wir dieses Wort leben? Glauben wir neu daran, dass unsere Schwächen für Gott keine Grenzen darstellen. Er kann handeln, auch in den dunkelsten Zeiten des Lebens.
Von dieser Erfahrung schrieb Dietrich Bonhoeffer aus der Haft vor seiner Hinrichtung: „Wir müssen uns immer wieder sehr lange und sehr ruhig in das Leben, Sprechen, Handeln, Leiden und Sterben Jesu versenken, um zu erkennen, was Gott verheißt und was er erfüllt. Gewiss ist, dass es für uns nichts Unmögliches mehr gibt, weil es für Gott nichts Unmögliches gibt; gewiss ist, dass wir nichts zu beanspruchen haben und doch alles erbitten dürfen; gewiss ist, dass im Leiden unsere Freude, im Sterben unser Leben verborgen ist ... Zu all dem hat Gott in Jesus Ja und Amen gesagt (2 Korinther 1, 20). Dieses Ja und Amen ist der feste Boden, auf dem wir stehen.“ (3)
„Für Gott ist nichts unmöglich.“
Um das in unseren Unzulänglichkeiten begründete „Unmögliche“ zu überwinden und das „Mögliche“ zu leben, brauchen wir Gemeinschaft, die dann entstehen kann, wenn Menschen das neue Gebot Jesu (4) leben und sich einzeln und gemeinsam von der Kraft des auferstandenen Christus erfüllen lassen.
Chiara Lubich schrieb 1948 einer Gruppe junger Ordensleute: „Gehen wir weiter! Nicht mit unserer eigenen Kraft, die arm und schwach ist, sondern mit der Allmacht der Einheit. Ich habe gesehen und erlebt, dass Gott unter uns auch das Unmögliche wirken kann: ein Wunder!
Wenn wir dem treu bleiben, was uns anvertraut wurde, ... wird die Welt die Einheit sehen und mit ihr die Fülle des Reiches Gottes.“ (5)
Das zeigt sich bis heute in vielen Begegnungen und Gesprächen über die Sehnsucht, als Christen leben zu wollen, und über die Schwierigkeiten, treu nach dem Evangelium zu handeln. Wie oft zeigt sich am Ende: „Allein ist es unmöglich, aber gemeinsam können wir es schaffen.“ Genau das sagt auch Jesus, wenn er verspricht: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ (6) Mit ihm ist alles möglich.
Augusto Parody Reyes und Team
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(1) vgl. Lukas 1,32
(2) Lukas 1,35
(3) Brief an Eberhard Bethge. Tegel, 21.8.1944 aus: Dietrich Bonhoeffer, Werkausgabe, Band 8: Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft, Gütersloh 2011, S. 572f.
(4) vgl. Johannes 13,34
(5) Chiara Lubich, Lettere dei primi tempi. Città Nuova, Rom 2010, S. 164 (eigene Übersetzung)
(6) Matthäus 18,20