„Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst.“ (Matthäus 15,28)
Jesus war mit seinen Jüngern auf dem Weg in das Gebiet von Tyros und Sidon, eine ihm fremde Gegend. Dort wollten sie wohl ausruhen, in Einsamkeit, Stille und Gebet. Diese Ruhe wurde durch eine kanaanitische Frau unterbrochen, deren Namen wir nicht erfahren. Sie lief laut rufend und bittend hinter ihnen her und ließ sich nicht davon abbringen, mit Jesus sprechen zu wollen. Und das, obwohl sie nicht zum Volk Israel gehörte und eine Frau war, also in der damaligen Gesellschaft wenig zählte. Die verzweifelte Mutter sorgte sich um ihre Tochter, die von einem bösen Geist besessen war. Um endlich Ruhe zu haben, baten die Jünger Jesus, er möge die Frau anhören. So warf sie sich vor dem Meister nieder, um ihre Bitte um Hilfe vorzubringen. Jesus reagierte mit großer Härte und wies sie ab: „Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den kleinen Hunden vorzuwerfen.“ (Matthäus 15,26)
„Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst.“
Die Frau musste mit dieser Ablehnung rechnen. Jesus war zuerst zum Volk Israel gesandt, zu dem sie ja nicht gehörte. Sein Gott teilt nicht einfach willkürlich Gefälligkeiten aus. Gott geht es immer um die Beziehung, und auch darum, dass wir vor ihm unsere Armut und Begrenztheit erkennen. In diesem Bewusstsein erwiderte die Frau: „Ja, Herr! Aber selbst die kleinen Hunde essen von den Brotkrumen, die vom Tisch ihrer Herren fallen.“ (Matthäus 15,27) Ihre Demut und ihr Glaube, der in ihrer Beharrlichkeit und in der Anrede Jesu als „Herr, du Sohn Davids“ zum Ausdruck kamen, ließen Jesus nicht unberührt.
„Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst.“
Ihr großer Glaube kommt in den Evangelien deutlich zum Ausdruck: Sie kam zu Jesus, sie rief, sie schrie, fiel vor ihm nieder, bat um Hilfe. Sie gab nicht auf, in der Gewissheit, dass für den Herrn auch das Unmögliche möglich ist. Auf die Härte Jesu antwortete sie mit dem Mut der Verzweiflung. Ihre Mutterliebe und ihr Vertrauen hielten sie aufrecht. „Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt.“
Dieses Wort zeigt, was der lebendige Glaube eines einzelnen Menschen bewirken kann. Gleichzeitig spiegelt es die Mühen und Entwicklungen der ersten christlichen Gemeinden wider, an die das Matthäusevangelium gerichtet war. Hier stand die Frage im Raum, ob die Botschaft Jesu allen Menschen gelte, sie sich also der nichtjüdischen Welt öffnen sollten, die mit großem Glauben auf der Suche war.
„Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst.“
Wie bei der kanaanäischen Frau kann auch unser Glaube herausgefordert werden: „Durch eine unerwartete Schwierigkeit, ein unvorhergesehenes Ereignis, das unsere Pläne über den Haufen wirft; durch eine schwere Krankheit; durch das Andauern einer schmerzlichen Situation.”[1] Aber auch über unser persönliches Leben hinaus können die Bedrohung des Friedens, ungerechte Strukturen und Systeme, Umweltzerstörung und andere Konflikte zweifeln lassen. Oft genug fehlen uns Beharrlichkeit und Vertrauen. „Gott lässt schwierige, manchmal sinnlos erscheinende Umstände zu. Er möchte unseren Glauben reinigen. Er möchte wissen, ob wir uns wirklich ihm überlassen in der Überzeugung, dass seine Liebe für uns viel größer ist als unsere Pläne, Wünsche und Erwartungen.“[2]
Auch Saliba aus Homs in Syrien brauchte einen großen Glauben, als er vor der Frage stand, ob er vor dem Krieg fliehen und seine Heimat und seine schon alten Eltern zurücklassen sollte. Sein Vater war selbstständiger Glaser, aber das Geschäft war zerstört. Wie viele andere Jugendliche auch, überlegte sich der 22-Jährige, irgendwo anders ein neues Leben aufzubauen. Aber er wollte noch nicht aufgeben. Als sich durch das Projekt RestarT[3] die Möglichkeit bot, ein kleines Geschäft zu eröffnen, nutzte er sie. Heute können die Menschen in Homs bei ihm hausgemachten Käse, Joghurt und Butter bekommen, wie auch Hülsenfrüchte, Öl, Gewürze und Kaffee. Saliba verfügt bereits über einen Kühlschrank und einen eigenen Stromgenerator. Gemeinsam mit seinem Vater verteilt er an den Tagen, an denen der Laden geschlossen ist, Lebensmittel an arme Familien.
Victoria Gómez und Team
© Alle Rechte an der deutschen Übersetzung beim Verlag NEUE STADT, München
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